Ein Freund, der in der Filmbranche tätig ist, erzählte mir einst auf einer Autofahrt, dass ein Regisseur zwingend dazu in der Lage sein muss, Depressionen bzw. ähnliche Zustände zu ertragen. Klingt das für euch verständlich oder eher weniger? Nun, lasst mich erklären, was er meinte.
Stellt euch einmal vor, ihr seid Regisseur. Und dann stellt euch vor, ihr seht euch gerade den ersten Entwurf eurer Filmaufnahmen an. Glaubt ihr, ihr würdet das Gesehene sofort einwandfrei oder absolut fantastisch finden? Tja, besagter Freund von mir meinte, das sei bei so gut wie überhaupt keinem Regisseur der Fall. Tatsächlich ist es nämlich so, dass ein Regisseur, egal wie oft er nachkorrigiert, anpasst etc., an irgendwelchen Stellen immer neue Mängel findet (wohlgemerkt, die jemand anderes vielleicht gar nicht sehen würde). Und sowas macht die Leute furchtbar fertig. Sie denken sich dann Dinge wie: „Was habe ich da nur für einen Müll produziert? Das kann sich doch niemand so ansehen.“ Diese Gefühle machen die Regisseure teilweise wohl annähernd depressiv, wenn auch nur für den Moment. Es scheint so, dass man mit seinen eigenen Werken einfach sehr viel strenger umgeht als mit denen der anderen. Andere finden den Film zugleich möglicherweise überaus gut. Ich hatte vorher nie wirkliche Vorstellungen davon, dass Regisseure sich so fühlen, wenn sie sich ihre eigenen Filme angucken. Doch als ich davon erstmal gehört hatte, erschien es mir durchaus einleuchtend und auch irgendwo verständlich.
Und da liegt der eigentliche Punkt, den ich hier gerne einmal loswerden würde. Als ich mit dem Schreiben von Romanen anfing, merkte ich schnell, dass es da ganz ähnlich ist. Ich weiß nicht, ob es jedem Autor so geht, aber ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass ich damit komplett alleine bin. Jedenfalls denkt man sich auch dann, wenn man eine Seite oder ein Kapitel abgeschlossen hat und es dann reflektierend betrachtet, auf gut Deutsch gesagt sowas: „Was habe ich da eigentlich für eine Kacke geschrieben?“ Und zwar unabhängig davon, ob es dem Leser vielleicht gefällt. Man findet, dass man es so viel besser hätte machen können oder müssen. Ihr ahnt gar nicht, wie oft ich meine Kapitel nachkorrigiere, weil sie mir nachher nicht mehr gefallen. Auch ahnt ihr nicht, wie viele verworfene Manuskripte (wobei „verworfen“ nicht immer das richtige Wort ist, da manche von ihnen vielmehr auf Eis liegen) ich schon hinter mir habe, weil ich mit ihnen unzufrieden war. Wenn man mit etwas selbst überhaupt nicht zufrieden ist, sieht man manchmal auch keinen Sinn in einer Veröffentlichung. Und auch das macht einen innerlich manchmal kaputt und man zweifelt an sich selber. Meiner Ansicht nach ist es also ganz ähnlich wie in der Filmbranche. Aber wenn ich schreiben möchte, habe ich das zu bewältigen.
Mich würde allerdings durchaus einmal interessieren, ob andere Autoren sich auch schon einmal Gedanken darüber gemacht haben und zu einem ähnlichen Schluss kommen würden. Wie schon erwähnt, ich kann nicht glauben, dass nur ich so denke. Aber wer weiß das schon?